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Die Reise nach Brasilien // 6+

Oder Wie Kolja nach Brasilien flog und Petja ihm nichts glauben wollte

nach der russischen Erzählung von Daniil Charms
übersetzt von Peter Urban

"Eine verspielte Hommage an die Kraft der Fantasie!"

– Kulturjoker: "Zwischen Wahrheit und Fantasterei", November 2017,  M. Klötzer

"Ich fahre nach Brasilien", sagt Kolja eines Tages zu seinem Freund Petja. Der will das erst nicht glauben. Trotzdem machen sich die beiden am nächsten Morgen auf den Weg zum Flughafen und treffen tatsächlich auf einen Piloten, der sie in sein Flugzeug steigen lässt, um sie nach Brasilien zu fliegen. Der Flug ist wahnsinnig spannend, nur der Motor geht ein bisschen laut. Und unten auf der Erde scheint alles winzig klein und schräg. In Brasilien ist es heiß, es gibt Affen und Papageien und angriffslustige, semmelblonde Ureinwohner mit Kopf-schmuck aus Heu und Stroh. Indianer? Kolja und Petja werden von Bisons gejagt - und ganz plötzlich kommt ein Ungeheuer auf sie zugeschossen. Die Abenteuer der beiden Freunde nehmen kein Ende, bist plötzlich ein Autorfahrer vor Ihnen steht und die Flieger auf den Boden der Tatsachen zurückholt.

Und ist das Brasilien? – fragte Petja.
Siehst du es denn nicht selber, Esel!? – sagte Kolja.

– ständig streitende Freunde in Daniil Charms "Die Reise nach Brasilien"

In Stephan Weilands Inszenierung treffen wir auf drei seltsame Gestalten, deren Existenz und Rollenzuschreibung sich aus einer brüchig erscheinenden Wirklichkeit zusammensetzt. Dafür hat Bernhard Ott einen Raum geschaffen, der deren Flüchtigkeiten einfängt und den Spieler*innen die Möglichkeit bietet, die Geschichte(n) ihrer Reise zu erzählen. Das Publikum ist eingeladen, in diese Welt einzutauchen, mitzuerleben, wie Bilder, Klänge und Geräusche, Figuren und Szenen entstehen und sich Etwas auftut, das vorher noch nicht existierte. Jenseits der Grenze von Sprache nimmt sich Salim Ben Mammars Choreographie jener Momente an, die sich nur über Körper und Bewegung ausdrücken lassen. Die Inszenierung fragt nach der Kraft der Phantasie, danach, welche Realität überhaupt existiert und konfrontiert den Spaß am Spiel mit einer philosophischen Fabel für Kleine und Große. Mit "Die Reise nach Brasilien" setzt das Theater im Marienbad seine Auseinandersetzung mit Daniil Ivanov Charms (so sein bekanntestes Pseudonym) als einem lange unbekannt gebliebenem Vertreter der russischen Absurden fort. Nach der erfolgreichen Inszenierung "Zwischenfälle" 2012, die weitgehend bereits für das Theater geschriebene Szenen benutzte, nähert sich die neue Inszenierung dem Autor und seinem 1928 veröffentlichten Text aus neuer Perspektive – der übrigens nach eigenem Bekunden zwar Kinder nicht immer ausste-hen konnte, ihnen aber vielleicht die schönsten Geschichten hinterlassen hat.